Ägypten

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AR unterstützte dieses Projekt 2013, 2014, 2016 und 2020:

Nähprojekt auf der Halbinsel Sinai


Über das Nähprojekt mit Frauen aus der Umgebung des Dorfes St. Kathrin Sinai/Ägypten) informierten wir bereits im Zwischenbericht vom Dezember 2013. Diese ausführliche Information erhielten wir von unseren beiden Projektpartnerinnen Johanna Mench und Antonie Dauben-Frings:

St. Katherine liegt ca. 1600 m hoch am Fuße des Mosesberges in der Nähe des Katharinenklosters im Süd-Sinai. Es ist ein kleiner Ort mit 4000 Einwohnern. Der Ort wird hauptsächlich von Beduinen bewohnt. Die Landschaft ist karg, es hat lange Jahre nicht richtig geregnet, die Sonne scheint fast immer. Schon einige Jahre fahre ich regelmäßig einmal im Jahr dorthin um in den höher gelegenen Gärten meinen Urlaub zu verbringen. Bei diesen Gelegenheiten kam ich mit den Beduininnen ins Gespräch und es entstand die Idee eines gemeinsamen Näh-Projektes. Gedacht war es ganz bescheiden….die Dynamik ließ aber etwas durchaus Größeres entstehen. Ich hatte beobachtet, dass sich die angebotenen Handarbeiten stets sehr ähnelten und nirgends etwas Originelles zu sehen war. Es handelte sich um Stick- und Perlenarbeiten. Die meisten Handicraftshops sind in Händen von Männern. Die Frauen sind angehalten, die übliche Ware zu liefern. Die Entlohnung ist sehr niedrig. Die Idee war nun, die Frauen mit eigenen Nähmaschinen zu versorgen, ihnen ein Grundwissen zu vermitteln und sie damit zu befähigen

- eigene Ideen zu verwirklichen
- ein eigenes Einkommen zu erzielen
- durch die Beschäftigung anderer Frauen, auch weitere Einkommensmöglichkeiten für Frauen zu eröffnen.

 Im Sommer 2013 war ich dann noch einmal vor Ort und fand durch Gespräche mit den Frauen und Männern heraus, wie das Projekt praktisch zu gestalten ist. Es wurden 3 Frauen ausgesucht, die die Nähmaschinen, die wir aus Deutschland mitbringen würden bekommen sollten. Diese Frauen sollten ihrerseits dafür sorgen, dass ein Raum in ihrem Haus zur Verfügung steht in dem wir arbeiten können und dass es wiederum weitere Frauen gibt, die dazukommen und die dann z.B. den Zuschnitt, die Handnäharbeiten sowie die Stickarbeiten übernehmen sollten. Wir finanzierten für jede der Projektstellen neben den Nähmaschinen: einen Tisch, 2 Stühle (traditionell findet dort alles auf dem Boden statt), ein Bügeleisen, Verlängerungskabel, eine Ausstattung mit Stoffen, Perlen und Stickgarnen und Stickvlies. So fanden Johanna und ich bei unserer Ankunft im Oktober 2013 dann auch wirklich 3 wunderbare kleine und originelle Werkstätten vor und es konnte gleich losgehen.

Johanna hatte einige textile Ideen entwickelt, sie schriftlich ausgearbeitet und wir hatten sie auch teilweise ins Arabische übersetzen lassen. Vor Ort und mit den Beduininnen zeigte sich aber, dass dies wieder mal eine sehr „deutsche“ Idee gewesen war. Die Frauen begriffen alles super schnell ohne einen Blick auf die Papiere und sie vergaßen auch nichts. Täglich versuchten wir nun an ein oder zwei der Projektstellen unser „Programm“ durchzuführen und lernten dabei ziemlich schnell, dass es besser ist kein Programm zu haben, einfach zu schauen, wie die Situation ist und spontan zu entscheiden, was mit wem wann und wo gearbeitet wurde. Schnell staunten wir über die große Bereitschaft der Frauen sich auf Neues einzulassen, über ihre Kreativität und Freude an der Arbeit. Unsere Vorschläge wurden aufgegriffen und es entstanden Handarbeiten, die sich hoffentlich verkaufen lassen, die ein wenig etwas Neues bieten und die den Frauen Freiraum zur eigenen Gestaltung lassen. Es hat uns sehr beeindruckt, mit welcher Schnelligkeit und Leichtigkeit die Frauen dort handarbeiten. Sie sticken auch, wenn sie ein Kind auf dem Arm halten. Wir haben viel zusammen gelacht und jede Menge voneinander gelernt.

Neben der praktischen Arbeit gab es auch viele Dinge mit den Frauen zu besprechen, die den weiteren Verlauf des Projektes sowie die Vermarktung der Handarbeiten betreffen. Wichtig war uns, den Frauen zu verdeutlichen, dass es ein System werden soll, an dem möglichst viele Frauen teilhaben können. Hier galt es zu erklären, wie viel von dem jeweiligen Verkaufserlös für die Stickerin bezahlt werden soll (1/3), wie viel an die Näherin geht (1/3) und wie viel für neue Investitionen bereit gestellt werden sollte (1/3).
Unsere „Geschäftsbedingungen“, die wir schriftlich fixiert hatten, sehen vor, dass die Nähmaschine nicht weiter verliehen werden darf, und dass sie zurückgegeben werden muss, wenn sie länger als einen Monat nicht benutzt wurde.

 Das hat die Frauen zunächst beunruhigt - gemeinsam haben wir aber ein Modell entwickelt: die Handarbeiten werden zunächst einmal hergestellt, entlohnt wird aber jede erst, sobald das Teil verkauft wurde. Um dies zu gewährleisten wird der Name der Stickerin an der Arbeit angebracht. Da Material jetzt vorhanden ist, kann mit diesem System erst einmal gearbeitet werden - in der Hoffnung auf die baldige Touristenschwemme. Da wir viele Arbeiten mit nach Deutschland nehmen wollten, konnte das System schon einmal ein wenig ausprobiert werden und so waren immerhin 50 Beduininnen an dem Projekt beteiligt und konnten kleine Beträge verdienen. Um die Verkaufswege kümmern sich in Zukunft Beduinen, die gute Kontakte zu den Hotels an der Küste, zum Kloster und anderen wichtigen Stellen haben. Hemeid, der Beduine, der uns bei dem gesamten Projekt hilfreich zur Seite stand, der die Einkäufe in Kairo erledigt hatte und die Gespräche mit den Vätern oder Ehemännern geführt hatte, war auf die Idee gekommen am letzten Tag eine kleine Ausstellung aller fertigen Handarbeiten zu machen und Vertreter der Regierung von St. Katherine einzuladen. So kam es, dass tatsächlich 4 sehr wichtig aussehende Männer in Anzug und Krawatte anreisten, und mit den ebenfalls anwesenden Künstlerinnen ein langanhaltendes „Palaver“ abhielten. Wir konnten mehr oder weniger nur staunend zuhören, ab und an wurde uns ein wenig übersetzt. Wenn die Frauen es schaffen aus dem privaten Bereich herauszutreten und z. B. eine NGO zu gründen, versprach der Regierungsvertreter seine volle Unterstützung, auch in Form von Krediten oder öffentlichen Geldern.

Die Aufregung an diesem Tag war groß. Die Zukunft wird erweisen, was aus all den geäußerten Ideen wird. Was wir bestaunten war der Ideenreichtum mit dem die Männer und Frauen in diesem Land mit genau dem auskommen, was sie gerade haben: Der Stoffhändler im Dorf, den wir besuchten saß auf seinem Bett, umgeben von unglaublichen Mengen Stoff und er maß den Meter mit Hilfe seines ausgestreckten Armes und seiner Nase.(Johanna hat nachgemessen es waren genau 98 cm)Statt einer Schere benutzte er seine Zähne um den Stoff einzureißen. Wo wir Schneidebrett und Rollschneider einsetzen, benutzen die Frauen Hand und Fuß Untergebracht waren Johanna und ich in einem eigenen Haus, dessen Ruhe wir sehr genossen wenn wir von den oft turbulenten Arbeitseinheiten mit vielen Frauen und Kindern zurückkehrten. Unser Tag begann früh morgens, schon um 7 Uhr konnten wir in der Sonne vor dem Haus unser Frühstück genießen. Zu allen anderen Mahlzeiten wurden wir von den Frauen gerne eingeladen.

 Das Essen dort ist einfach und sehr lecker. Wir haben auch einige Ausflüge unternommen. Es war schon etwas ganz besonderes, das Katharinenkloster so ohne Touristen zu erleben, die sich sonst dort in Massen befinden. Unvergesslich und wunderschön auch unser Tag in der Wüste mit der Klettertour durch den White Canyon. Sehr genossen haben wir den schönen Sternenhimmel und nach all der vielen Arbeit belohnte uns am letzten Abend der Himmel bei Sonnenuntergang mit wunderschönen rosa Wolken Wir waren ein richtig gutes Team, Johanna und Antonie! Johanna hat die viele Arbeit im Handarbeitsbereich alleine gestemmt, derweil mein Aufgabenbereich mehr im Organisatorischen Bereich lag. Ich habe Johanna sehr bewundert wegen ihrer ruhigen und stets zugewandten Art des Unterrichtens. Nie ließ sie sich irritieren und selten ablenken.

Wir sind zufrieden mit dem Ergebnis. Finanziell und mit Sachspenden wurden wir von vielen lieben Menschen unterstützt. Danke dafür!! Hervorzuheben sind hier die Mandala Quiltgruppe aus Mönchengladbach und die Aktion Regelmäßig aus Mülheim an der Ruhr. Wir danken allen, die dieses Projekt ermöglicht haben, die an unsere Idee geglaubt haben und die uns ermutigt haben. Der Zuspruch hat uns Mut gemacht.

Johanna Mench / Antonie Dauben-Frings




Von 2013 bis 2020 gab Aktion Regelmässig 3.000,00 € für folgendes Projekt nach Ägypten:

 2013-2022

3.000,00 € 

 Näh-Projekt in St. Katherine / Sinai


Aktion Regelmaessige Hilfe e.V.,
Kleefeld 50, 45481 Muelheim a. d. Ruhr
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