Nepal

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AR hat dieses Projekt 2004 erstmalig unterstützt:

Menschenhandel, Verschleppung und Kinderprostitution

Hintergründe und Informationen

Jedes Jahr werden in Nepal nach übereinstimmenden Schätzungen von Hilfsorganisationen ca. 10.000 - 12.000 Mädchen und junge Frauen aus ihren Familie herausgerissen, nach Indien verschleppt und dort in Bordellen der Großstädte zur Prostitution gezwungen. Die Motive und Umstände unter denen die oftmals minderjährigen Mädchen verschleppt werden, sind vielseitig. Häufig werden von organisierten Schlepperbanden lukrative Arbeitsplätze in Indien oder den Golfstaaten versprochen, als Serviererin, Zimmermädchen, Küchen- oder Haushaltshilfe. Für die ahnungslosen Opfer klingen solche Versprechungen verlockend und verführerisch. Es wird zunehmend auch von Fällen berichtet, in denen Frauen von ihren Ehemännern und Kinder von ihren Geschwistern oder nahen Verwandten verschleppt oder verkauft werden. Teilweise sind auch Neugier oder finanzielles Interesse der Grund.

In einem Land in dem über 45% der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze lebt, in dem nur 40% der Bevölkerung lesen und schreiben kann und das nach wie vor zu den ärmsten Ländern der Welt zählt, ist Menschenhandel zu einem lukrativen Geschäft geworden. 30.000 -50.000 Rupees, umgerechnet 900-1.500 DM bekommt ein Menschenhändler in Indien für ein nepalesisches Mädchen zwischen acht und zwölf Jahren. Ca. 120.-150.000 nepalesische Frauen befinden sich derzeit in indischen Bordellen.


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Auch wenn die Umstände unter denen die Mädchen und Frauen nach Indien gelangen unterschiedlich sind, fest steht, dass sie alle kein realistisches Bild von dem haben, was auf sie zukommt. Die Mädchen werden zunächst von erfahrenen Frauen, häufig unter Anwendung brutaler Gewalt, gefügig gemacht. Innerer Widerstand wird gebrochen, Persönlichkeiten zerstört. Frauen, die aus den Bordellen zurückgekehrt sind, berichten von Gruppenvergewaltigungen, von Folter und dem Einsatz von Drogen. Ist der Wille der Opfer gebrochen, müssen sie wehrlos und schutzlos ertragen, was tagtäglich mit ihnen geschieht. Nach Aussagen von Rückkehrerinnen werden sie gezwungen, teilweise bis zu 30 Kunden pro Tag zu empfangen. Kondome werden nicht regelmäßig benutzt. Die Zahl der mit HIV infizierten Frauen liegt nach Schätzungen lokaler Hilfsorganisationen in Indien bei 75-90%. Dazu kommen Krankheiten wie Hepatitis und Tuberkulose sowie verschiedene Geschlechtskrankheiten.

Die Lebensbedingungen unter denen die Frauen leben sind unmenschlich. Bis zu 20 Frauen müssen sich ein kleines und dunkles Zimmer teilen. Hier leben und schlafen sie, um jederzeit für Kunden verfügbar zu sein. Die erschreckenden Berichte über die Situation der Frauen lassen das Ausmaß der seelische Zerstörung nur erahnen.

Angesichts der Bedingungen unter denen die minderjährigen Mädchen und jungen Frauen leben müssen, verliert die Frage, nach den Umständen der Verschleppung ihre Bedeutung. Tatsache ist, dass sich wohl niemand freiwillig für ein solches Leben entscheiden würde.

Die meisten Mädchen wissen nicht, was auf sie zukommt. In den entlegenen Dörfern und Gegenden Nepals besteht nach wie vor ein erheblicher Aufklärungsbedarf über die tatsächlichen Machenschaften und Absichten der kriminellen Schlepperorganisationen sowie über das, was in Indien auf die unschuldigen Mädchen tatsächlich wartet.

Die Organisation Maiti Nepal

Maiti Nepal ist eine soziale Organisation mit Sitz in Kathmandu, die sich die Bekämpfung von Menschenhandel, Verschleppung und Kinderprostitution zur Aufgabe gemacht hat. "Maiti" ist Nepali und bedeutet "Haus der Mutter". Die Organisation wurde 1993 von Anuradha Koirala gegründet. Als Lehrerin wurde sie auf die Problematik von Verschleppung und Kinderprostitution aufmerksam. Sie bot zunächst einigen jungen Frauen, die aus indischen Bordellen befreit wurden, einen sicheren Platz zum Leben, menschliche Wärme, Zuneigung und Geborgenheit.

Maiti Nepal hilft verzweifelten Kindern und jungen Frauen, die niemanden sonst mehr haben, an den sie sich wenden können: ausgesetzten und obdachlosen Kindern, Waisenkindern, vergewaltigten Kindern und Frauen, Rückkehrerinnen aus indischen Bordellen sowie Opfern von Mißbrauch und Gewalt.

Doch Maiti Nepal hilft nicht nur den Betroffenen, sondern versucht durch gezielte Maßnahmen und Aktionsprogramme die Ursachen an der Wurzel zu bekämpfen. Durch die Einrichtung von Informations- und Ausbildungszentren sowie durch Aufklärungskampagnen wird landesweit über Verschleppung und Kinderprostitution, über die falschen Versprechungen der Menschenhändler sowie über die organisierte Kriminalität berichtet.

Der konsequenten Öffentlichkeitsarbeit sowie zahlreichen spektakulären Aktionen der Organisation ist es zu verdanken, dass die Problematik heute in nahezu allen gesellschaftlichen Schichten Nepals bekannt ist. Durch den konstanten gesellschaftlichen und innenpolitischen Druck ist nunmehr auch die Regierung des Landes gezwungen, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen.

Einrichtungen von Maiti Nepal

Rehabilitations- und Schutzzentrum, Kathmandu

Im Hauptsitz der Organisation in Kathmandu werden rund 150 Kinder sowie 80-100 junge Frauen betreut. Maiti Nepal bietet den Betroffenen Unterkunft, Verpflegung, medizinische und psychologische Betreuung sowie eine schulische und handwerkliche Ausbildung. Das Zentrum besteht aus einem Kinderhaus, einem Frauenschutzzentrum für zurückkehrende Mädchen aus Indien, einer Schule für 350 Kinder, einer Klinik spezialisiert auf HIV/AIDS-infizierte Frauen sowie einem Bürogebäude mit Informationszentrum.

Grenzkontrollstationen (Transit Homes)

An den 14 wichtigsten Grenzübergängen nach Indien hat Maiti Nepal sog. Transit Homes eingerichtet. Diese bieten Schutz und individuelle Betreuung für die unmittelbar aus Indien zurückkehrenden Frauen. Eine weitere Hauptaufgabe ist die Grenzkontrolle. Mitarbeiter von Maiti Nepal kontrollieren die Grenze und versuchen potentielle Opfer zu identifizieren und vor der Verschleppung nach Indien zu bewahren. Hierbei werden die Mitarbeiter von Maiti Nepal von der Grenzpolizei unterstützt. Die Grenzkontrollen sind ein sehr effektives und wirkungsvolles Instrument gegen den Menschenhandel. Pro Tag werden an jedem der fünf von Maiti Nepal kontrollierten Übergängen im Durchschnitt ein bis zwei Mädchen oder Frauen vor dem Grenzübertritt bewahrt. Seit Gründung Maiti Nepals konnten bereits über 2.900 junge Mädchen an der Grenze von Maiti Nepal abgefangen und damit vor dem Schicksal der Verschleppung und Zwangsprostitution in indischen Bordellen bewahrt werden.

Informations- und Ausbildungszentren (Prevention Camps)

In Gebieten, in denen in der Vergangenheit verstärkt Frauen verschleppt wurden, hat Maiti Nepal begonnen, Ausbildungszentren für besonders gefährdete Frauen zu errichten. Besonders gefährdet sind Geschwister von verschleppten Frauen, ethnische Minderheiten sowie Frauen aus extrem armen Verhältnissen. In einem 6-monatigen Ausbildungsprogramm werden jeweils 30 Mädchen handwerklich ausgebildet. Begleitet werden diese Programme durch intensive Aufklärungsarbeit über Themen wie Verschleppung, Kinderprostitution und Menschenhandel. Maiti Nepal betreibt derzeit drei Informations- und Ausbildungszentren in den Distrikten Makwanpur, Nawalprasi, Nuwakot/Sindhupalchowk.

Hospiz

In Sattighata, im Osten von Nepal, unterhält Maiti Nepal ein Hospiz für jene Frauen, die aufgrund der tödlichen Krankheiten mit denen sie in Indien infiziert wurden, keine lange Lebenserwartung mehr haben. Eine ausgebildete Krankenschwester kümmert sich rund um die Uhr in liebevoller Weise um die Patientinnen und steht ihnen bis zum letzten Augenblick bei. Das Hospiz ist landschaftlich schön gelegen. Zu dem großen Grundstück von Maiti Nepal gehört ein kleiner Wald und ein See. Es herrscht eine friedliche Atmosphäre.

Rescue Center, Mumbai, Indien (heute : Rescue Foundation)

Seit 1999 betreibt Maiti Nepal ein zentrales Koordinationsbüro in Mumbai (Bombay), Indien. Im Februar 2001 wurde durch Unterstützung der BONO-Direkthilfe e.V. das neue Rescue Center von Maiti Nepal eröffnet, wo die nepalesischen Mädchen und Frauen nach ihrer Befreiung aus den indischen Bordellen bis zu ihrer Rückführung nach Nepal sicher untergebracht und betreut werden. Sämtliche Rettungs- und Rückführungsaktionen werden von hier aus geplant und durchgeführt. Im August 2002 ist das Rescue Center von Maiti Nepal in eine eigene Organisation umgewandelt worden, die "Rescue Foundation". Für weitere Informationen siehe: www.rescuefoundation.org

Aktionsprogramme von Maiti Nepal

Informations- und Aufklärungskampagnen

Nur durch Information und Aufklärung lässt sich verhindern, dass Mädchen und junge Frauen auf die falschen Versprechungen der Schlepper hereinfallen. Dementsprechend gehört die Information und die Aufklärung zu den wichtigsten Zielen der Organisation.
Maiti Nepal führt regelmäßig, professionell organisierte Aufklärungskampagnen durch, in denen die Bevölkerung direkt angesprochen wird. Die Schwerpunkte der Informationsarbeit liegen in Distrikten und Dörfern, aus denen in der Vergangenheit bereits wiederholt Verschleppungen gemeldet wurden. Durchgeführt werden die Kampagnen durch geschultes Personal von Maiti Nepal und ehemaligen Betroffenen, zusammen mit Rechtsanwälten, Sozialarbeitern, Journalisten, örtlichen Politikern sowie der Polizei.
Maiti Nepal betreibt gezielte Aufklärungsarbeit in den Schulen des Landes. Durch Vorträge und Theaterstücke, speziell entwickelte Poster, Broschüren in Comicform und Liederbücher werden die Kinder über die Gefahren der Verschleppung informiert. Schulkinder berichten ihren Eltern und jüngeren Geschwistern in den Dörfern und tragen so zur Aufklärung bei.

Aktion Regelmässig hat Maiti Nepal im Jahr 2004 mit 2.000 Euro für diese Informations- und Aufklärungskampagnen unterstützt.

Befreiungs- und Rückführungsaktionen

Maiti Nepal arbeitet eng mit der nepalesischen Polizei, der indischen Regierung sowie diversen Hilfsorganisationen zusammen, um gemeinsam wirkungsvolle Maßnahmen gegen den Menschenhandel zu entwickeln. In Abstimmung mit den indischen Behörden werden minderjährige Opfer aus den Bordellen befreit und unter dem Schutz von Maiti Nepal in ihr Heimatland zurückgebracht. Maiti Nepal hat ein umfangreiches und effektives Informationsnetzwerk aufgebaut, mit Hilfe dessen minderjährige Mädchen in den Bordellen gezielt lokalisiert und befreit werden können. In den vergangenen Jahren ist es gelungen, bereits mehr als 400 nepalesische Mädchen aus indischen Bordellen zu befreien.

Systematische Täterverfolgung

Maiti Nepal versucht durch detaillierte Befragungen der zurückkehrenden Frauen, die an der Verschleppung beteiligten Personen zu identifizieren und anzuklagen. In enger Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizei sowie der Grenzpolizei werden Steckbriefe und Photos von Schleppern veröffentlicht und landesweit zur Fahndung ausgeschrieben.
Ein entscheidender Aspekt bei der Anklage von Tätern ist die moralische Unterstützung der betroffenen Frauen, die sich aufgrund massiver Ängste oftmals nicht trauen, gegen die kriminellen Schlepper auszusagen. Durch die Täterverfolgung von Maiti Nepal konnten bisher bereits über 100 Schlepper festgenommen werden.

Rehabilitations- und Unterstützungsprogramme in den Dörfern

Nach Angaben von Maiti Nepal werden über 80% der aus Indien zurückkehrenden Frauen von ihren Eltern sowie der dörfliche Gemeinschaft nicht wieder aufgenommen. Die gesellschaftliche Ächtung und Diskriminierung macht die Rückkehrerinnen zu Ausgestoßenen in ihrem eigenen Land. Die Unmöglichkeit der Reintegration treibt viele Frauen aus Verzweiflung und Chancenlosigkeit zurück in die Prostitution. Durch gezielte Rehabilitations- und Unterstützungsprogramme in den Familien und innerhalb der dörflichen Gemeinschaft versucht Maiti Nepal die Rückführung und Wiederaufnahme vorzubereiten und dauerhaft zu gewährleisten

Rechtsberatung und Rechtsbeistand

Maiti Nepal verfügt über eigene Anwälte und Rechtsberater, die sich den Belangen der Organisation entsprechend spezialisiert hat. Das Ziel der Organisation ist die erfolgreiche Verurteilung der an der Verschleppung beteiligten Personen. Darüber hinaus bietet Maiti Nepal missbrauchten, vergewaltigten, von ihren Ehemännern verstoßenen Frauen sowie Frauen mit vergleichbaren Schicksalen kostenfreien Rechtsbeistand an.

 Seit 2004 gab Aktion Regelmässig 5.000,00 € für folgende Projekte nach Nepal:

 2004-2015

5.000,00 € 

 Bekämpfung von Menschenhandel, Verschleppung und Kinderprostitution



Aktuelle AR-Infos aus Nepal:   Juni 2007



Aktion Regelmaessige Hilfe e.V.,
Kleefeld 50, 45481 Muelheim a. d. Ruhr
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